Theoretische Grundlagen

Die Lösung der Wärmeleitungsgleichung für den periodisch eingeschwungenen Fall kann für den Fall eindimensionaler Wärmeleitung mit Ansätzen, die aus der Vierpoltheorie der Elektrotechnik stammen, erfolgen. Eine mathematisch fundierte Grundlage der speziell auf die  Zwecke der Bauphysik ausgerichteten Theorie findet sich in einer Artikelserie des Mathematikers  W. Heindl [1,2]. Die entwickelte Theorie wurde bereits früh in einem Gebäudesimulationsprogramm umgesetzt [3] und hat sich bis heute so gut bewährt, dass der periodisch eingeschwungene Berechnungsansatz für Sommertauglichkeitsnachweise in Österreich normativ vorgeschrieben ist [4]. Die in dieser Theorie enthaltene Beschreibung des Wärmedurchgangs und der Wärmespeicherung unter Verwendung der Bauteilmatrizenmethode hat mittlerweile auch Eingang in die internationale Normung gefunden [5].

Für mehrdimensionale Wärmeleitungsvorgänge wurde ebenfalls von W. Heindl eine eigene Theorie entwickelt, die erstmals im Buch „Wärmebrücken“ [6] publiziert wurde. Diese noch stationäre Theorie erlaubt es, den Wärmeverlust eines Raums an beliebig viele benachbarte Räume (auch die äußere Umgebung geht als „Außenraum“ ein) als thermisches Netzwerk zu beschreiben. In diesem Netzwerk sind die Lufttemperaturen der Räume die Knoten. Die thermische Verbindung zwischen diesen Knoten wird durch thermische Leitwerte beschrieben.  Die Theorie ist auf Gebäude und/oder Bauteilanschlüsse von beliebiger  geometrischer Gestalt und  von beliebiger Materialzusammensetzung anwendbar. Als ersten Anwendungsfall der entwickelten Theorie mehrdimensionaler Wärmeleitung („Leitwert-Theorie“) enthält das Buch „Wärmebrücken“ einen Katalog von mehrdimensional mit Programmpaket WAEBRU [7] berechneten Bauteilanschlüssen.

Die Verallgemeinerung der Leitwert-Theorie auf periodisch eingeschwungene Zustände ist in drei grundlegenden Artikeln von K. Krec [8, 9, 10] nachzulesen. Im Nachhinein nicht weiter verwunderlich, erweist sich die stationäre Theorie nur als Spezialfall der instationären Theorie. Auch im periodisch eingeschwungenen Zustand kann ein Netzwerk aufgebaut werden. Für jede Harmonische treten als Eigenschaften der Knoten nun die komplexen Amplituden der Schwankung der Lufttemperatur im jeweiligen Raum auf. Die Verbindungen zwischen den Knoten werden durch sog. „harmonische thermische Leitwerte“ beschrieben. Die Beschreibung der mehrdimensional ablaufenden  Wärmetransport- und Wärmespeicherungsvorgänge erfolgt mittels komplexwertiger Größen; lediglich im Sonderfall der 0-ten Harmonischen, also dem stationären Fall, sind die Leitwerte und Temperaturen reelle Größen. Die für den periodisch eingeschwungenen Zustand geltenden Beziehungen können ungeändert auch auf den stationären Fall angewendet werden.